Supportive Leadership - wie produziere ich eigentlich Weltmeister?
- ghochstein
- vor 23 Stunden
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Mein erster Personaltrainer, Rudolf Herzog, formulierte vor rund 30 Jahren einmal sehr einprägsam zur Hauptaufgabe von Führungskräften: „Wir sind dazu da, jede Menge Weltmeister in unserem Team zu züchten!“. Wie wahr, wenn auch heute so vielleicht nicht mehr ganz politisch korrekt formuliert. Als Auftrag an Führung ist das aber seither noch bedeutsamer geworden. Die heutige Komplexität und Dynamik in der Wirtschaft und Unternehmenswelt ist von einem einzelnen Menschen kaum mehr zu überschauen und zu beherrschen. Sie brauchen immer ein gutes Team, was auf der Höhe der Zeit arbeitet und interagiert, wollen Sie langfristig als Unternehmen bestehen oder sogar prosperieren. Führung ist einer der Schlüssel dazu, wobei das Wort "Führung" dabei möglicherweise in die Irre führt. Das Bild im Kopf zum Begriff „Führung“ wird den heutigen Anforderungen, aber auch den heutigen Möglichkeiten nicht mehr wirklich gerecht.

Gehen wir mal in der ganzen Flut von Führungsstilen, -kulturen und -werkzeugen kurz in Richtung der Anfänge zurück. Führung gab es schon vor uns Menschen; bei vielen Säugetieren und insbesondere bei den Primaten fanden und finden sich in deren Gruppen und Herden Anführer, welche die Geschicke der Gruppe leiten, zumindest, wenn Gefahr droht und akut Entscheidungen zum Beispiel zu Flucht oder Kampf zu treffen sind.
Die erste und ursprünglichste Form von Führung bei uns Menschen war Befehl und Gehorsam. Jemand verfügte über die Macht, notfalls mit Gewalt anderen Menschen seinen Willen aufzuzwingen und sie in seinem Sinne zum Handeln zu bewegen. Er war auch in der Lage, die Ausführung seines Willens zu kontrollieren und Nichterfüllung zu sanktionieren. Zwar wurden solche, meist despotischen, Führer gelegentlich hinweggeputscht, aber im Großen und Ganzen blieb „command and control“ das wesentliche Führungsprinzip über einige Jahrtausende. Wir nennen das Grundprinzip heute direktive Führung.
Führt nun direktive Führung zu neuen Weltmeistern im Team? Wohl eher nicht. Direktive Führung bedingt zu ihrer Wirksamkeit, dass die Befehlskette gut funktioniert und die Befehlsempfänger vulgo Mitarbeiter rasch und kompetent die Order der Führungskraft umsetzen. Eine wichtige Klarstellung dazu: es geht hier nicht darum, die einzelnen Führungsstile nach gut oder schlecht zu bewerten. Je nach Kontext und Notwendigkeiten sind auch die direktive Führung oder Elemente daraus weiterhin passend und wirksam als Führungsstil. Im Kontext von Innovation, Veränderung oder Transformation wird sie jedoch den heutigen Anforderungen nicht mehr gerecht.
Zeitgemäßere Führungsformen und -methoden finden Sie en masse. Nochmal Rudolf Herzog sinngemäß zitiert: „Wir benötigen künftig deutlich mehr Hirnbenutzer und weniger Befehlsempfänger“. Picken wir dazu eine Antipode der direktiven Führung heraus, hier das Supportive Leadership und seinen engen Verwandten, die dienende Führung. Supportive Leadership ist zuerst eine Grundhaltung zu Führung seitens der Führungskraft und weniger eine Methode oder ein Werkzeugkoffer. Worum geht es dabei? Ein Supportive Leader konzentriert sich ganz darauf, seinen Mitarbeitern die besten Rahmenbedingungen zu bieten, in denen diese ihre beste Leistung bringen können. Er übergibt einen Teil seiner Verantwortung sowie einen Teil seiner Macht an die Mitarbeiter. Sein Fokus ist darauf gerichtet, seine Mitarbeiter jeden Tag besser zu machen, in Konsequenz sogar besser als sich selbst. Seine Kontrolle richtet sich nicht mehr auf die Ausführung einer Tätigkeit, sondern auf die Ergebnisse, die sein Team produziert. Er beobachtet und arbeitet im Wesentlichen an den Stellhebeln, die sein Team befähigen, die beste Leistung zu bringen und die gewünschten Ergebnisse zu liefern.
Der bekannte Hirnforscher Prof. Dr. Gerald Hüther sagte zudem einmal zu den Grundlagen von Supportive Leadership: „Ein Supportive Leader wird nun seine Mitarbeiter einladen, ermutigen und inspirieren … die starke Kraft gibt etwas von ihrer Stärke ab, damit auch die Mitarbeiter in ihre Kraft kommen.“ Wohl wissend, dass nicht jeder Mitarbeiter eine solche Einladung gleich oder überhaupt gerne annimmt. Denn Supportive Leadership ist für manche Menschen und Mitarbeiter durchaus auch eine Herausforderung. Als Befehlsempfänger lebe ich in der Sicherheit, nur ein Minimum an eigenen Entscheidungen treffen zu müssen. Das schützt mich vor unangenehmen Folgen schlechter Entscheidungen. Supportive Leadership weitet jedoch meinen Spielraum deutlich aus, legt mir mehr Entscheidungsmöglichkeiten, aber auch Verantwortungen auf. Durchaus ein Weg für viele Menschen, so etwas erst einmal anzunehmen, zu lernen und beizeiten auch gerne wahrzunehmen. Darum ist Supportive Leadership ein Weg in Führung, der bis zu seinem Gelingen Geduld und Hartnäckigkeit seitens der Führungskräfte benötigt.
Ein kurzer Blick auf die dienende Führung respektive das Servant Leadership. Während Supportive Leadership intensiv auf die Interaktion zwischen der Führungskraft und dem Mitarbeiter schaut, wirft die dienende Führung einen zusätzlichen Blick auf das Selbstverständnis der Führungskraft. Friedrich der Große, König von Preußen schrieb in seinem „politischen Testament“ schon 1752 grundlegend Wichtiges dazu: "Der Herrscher ist der erste Diener des Staates. Er wird gut besoldet, damit er die Würde seines Standes aufrechterhalte. Man fordert aber von ihm, dass er werktätig für das Wohl des Staates arbeite und […] die Hauptgeschäfte mit Sorgfalt leite." Übersetzt in die heutige Zeit und den Kontext von Unternehmen bedeutet das für die Rolle und Aufgabe von Führungskräften, dass sie sich und ihr Handeln an ihrem Beitrag für den Zweck des Unternehmens messen und ausrichten. In der heutigen komplexen Umwelt kann das nur zu weiten Teilen bedeuten, seine Mitarbeiter und die gesamte Organisation beständig stärker und besser zu machen.
Wichtig ist, dass Supportive Leadership natürlich unverändert den Auftrag an die Führungskräfte beinhaltet, Wirksamkeit zu sichern und gute Ergebnisse zu erzielen. Es ist keine softe Kuschel-Führungsmethode, die es den Beteiligten möglichst bequem machen möchte. Supportive Leadership bedeutet im Kern eine partizipativere Art der Macht- und Verantwortungsausübung im Vergleich zum Beispiel zur direktiven Führung. Supportive Leadership setzt auf die Stärke der Vielfalt und die Kraft der Weiterentwicklung in einem Team statt auf die Särke einer einzelnen Person. Als unternehmerisches Werkzeug muß Supportive Leadership seinen wesentlichen Teil dazu beitragen, einen Wettbewerbsvorteil für Sie als Unternehmen zu entwickeln.
Noch viele weitere Merkmale unterscheiden die Antipoden direktive Führung und Supportive Leadership. Direktive Führung arbeitet wesentlich „im System“, während Supportive Leadership auf die „Arbeit am System“ fokussiert. Direktive Führung benötigt eine permanente Anstrengung und Führungsarbeit, um einen Status Quo stabil zu erhalten oder bestenfalls inkrementell zu verbessern. Supportive Leadership benötigt ebenso Anstrengungen, die aber bei Erfolg das Team und die Organisation auf ein nächstes Level heben und die Selbstwirksamkeit, Autarkie und Resilienz steigern. Natürlich ist auch Supportive Leadership niemals „fertig“ und „perfekt“. Aber im Vergleich zu direktiver Führung sind es Einmalanstrengungen, um Themen zu lösen und in die Eigenverantwortung der Mitarbeiter zu bringen. Insofern auch für die Führungskräfte ein durchaus attraktives, weil langfristig weniger anstrengendes Modell. Last but not least lockt und hält eine Kultur des Supportive Leaderships eher die Performer und Gestalter in Ihrem Unternehmen.
Spätestens dann, wenn Sie Ihr Geschäft neu gestalten und dazu Innovationen vorantreiben möchten, werden Sie in Ihrem Unternehmen eine ausgeprägte Kultur des Supportive Leaderships benötigen. Denn daohne bekommen Sie weder die dazu notwendigen Menschen noch den notwendigen Spirit in Ihre Organisation. Es beginnt bei Ihnen als Top Manager. Supportive Leadership können Sie nicht befehlen, Sie können es nur als Vorbild leben und jeden Tag glaubwürdig und konsequent mit Ihrem Team umsetzen. Je nachdem, wo Sie auf diesem Weg sind, brauchen Sie gerade als Top-Führungskräfte dabei einen guten und ehrlichen Freund oder Sparringspartner an Ihrer Seite, der Ihnen deutlich den Spiegel vorhält. Der Lohn jedoch ist groß, wenn es Ihnen gelingt, Supportive Leadership wirksam zu etablieren und zu leben. Darum – werden Sie zum „ersten Diener Ihres Unternehmens“ und beginnen Sie, viele neue Weltmeister in Ihrem Team zu produzieren.
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Supportive Leadership erklären und üben wir in unseren Führungsseminaren und entwickeln das auch im Rahmen von Führungskräftetrainings und Beratungen gerne mit Ihnen.