Höher, schneller, weiter, mehr - gefühlt befinden wir uns permanent in einem Rennen. Aber wohin und für oder gegen wen denn eigentlich? Und wo bleibt das „besser“? Wir jagen irgendeiner Form von Wachstum nach, das uns selber oder die Unternehmen, in denen wir arbeiten, offensichtlich antreibt.
Ist darum Wachstum etwas Schlechtes und Verwerfliches? Nun, zunächst einmal ist Wachstum etwas sehr Natürliches. Jeder von uns wächst im Lauf seines Lebens, und das gleich in vielerlei Hinsicht. Körperlich erst in die Höhe, später vielleicht auch in die Breite. Wie Eckehard von Hirschhausen zu sagen pflegt: „In der Sauna siehst du Menschen ungeschminkt, so wie Gott sie schuf und wie McDonald’s sie formte“. Mental reift unsere Persönlichkeit, stark getrieben durch unsere gesammelten Erfahrungen und unseren Umgang mit ebendiesen. Und wir wachsen in dem, was wir können, in unseren Kompetenzen und Fähigkeiten. Jedem Menschen ist seine höchst persönliche und individuelle Wachstumsgeschichte zu eigen.
Bestimmte Formen von Wachstum sind begrenzt. Die Natur setzt dem genetisch programmierten Wachstum von Lebewesen aus gutem Grunde Grenzen. Wirtschaftswachstum und Bevölkerungswachstum sind seit langem kritisch betrachtete Faktoren. Der erste, im Jahr 1972 erschienene Bericht zu den „Grenzen des Wachstums“, vom Club of Rome beauftragt, verschaffte der simplen Logik, dass die begrenzten materiellen Ressourcen unseres Planeten ein unbegrenztes Wachstum schlicht nicht zulassen, erstmals eine sehr breite Aufmerksamkeit. Befinden wir uns also alle miteinander in einer Art fataler Wachstumsfalle?
Noch beherrscht das Mantra des Wachstums weite Teile des politischen und ökonomischen Diskurses. Dabei geht es in der landläufigen Wahrnehmung um ein materielles Wachstum – sowohl auf der „Erzeuger“- als auch auf der „Nutzer“-Seite. Noch verbinden wir Wachstum meist mit einem „mehr“, nicht zwangsläufig mit einem „besser“. Wachstum dient seiner Logik nach dazu, „mehr“ unserer Wünsche und Bedürfnisse „besser“ zu befriedigen. Das führt umgekehrt zu der gleichsam spannenden wie wichtigen Frage, ob die „bessere“ Erfüllung unserer Bedürfnisse immer und zwangsläufig mit einem „mehr“ an Ressourcenverbrauch verbunden sein muss.
Sie ahnen es schon – ein Perspektivwechsel auf Wachstum, getragen von der Einsicht, dass die verfügbaren materiellen Ressourcen begrenzt sind, tut Not. Intelligentere Formen von Wachstum schaffen es, „mehr“ an Bedürfnissen mit „weniger“ an Ressourcen zu befriedigen. Ein smarter „growth mindset“ von Menschen und Unternehmen ergänzt den Begriff Wachstum also um neue und förderliche Dimensionen. Zentral und zuerst zu nennen sind dabei das Wachstum an Wissen, Kompetenzen und Ideen, mit eben deren Hilfe wir das „mehr“ an Bedürfnisbefriedigung mit einem „weniger“ an Ressourcen erreichen können. Die gute Nachricht ist, dass dieser Form von intelligentem Wachstum keinerlei Grenzen gesetzt sind. Ressourcen wie Neugier, Kreativität und Wissen können unbegrenzt wachsen und genutzt werden, und Sie haben es ganz alleine in der Hand, dieses Wachstum voranzutreiben und dessen Ergebnisse zu nutzen.
Nun sind das wahrlich keine bahnbrechenden Erkenntnisse. Trotzdem handeln wir als Menschheit gesamt, aber auch als einzelnes Unternehmen und einzelner Mensch noch zu selten konsequent nach dieser Erkenntnis. Warum wachsen wir an diesen Stellen so viel langsamer, so viel weniger intelligent als wir das sicher könnten?
Eine sehr verallgemeinernde Antwort darauf lautet, dass wir uns ohne äußeren Anlass, zum Bespiel eine Krise, nur eher widerwillig in unsere Wachstumszone begeben, dorthin, wo das intelligente Wachstum zu Hause ist. Wenn die Geschäfte in unseren Unternehmen gut laufen, das business-as-usual alle Beteiligten gut ernährt, fehlt meist die Motivation, aus dieser bequemen Situation auszubrechen – never change a running system. Zwingt uns jedoch eine Krise oder ein anderer äußerer Anlass, unsere Komfortzone zu verlassen, dann wachsen wir, weil wir neue Anforderungen lösen müssen. Krisen sind Wachstumstreiber für uns persönlich und in der Regel auch für die Fähigkeiten unserer Unternehmen. Der „steady state“ ist es nicht – wozu auch?
Seitenblick auf unsere „Komfortzone“. Sie ist so betrachtet eine „Wachstums-Verlangsamungs-Zone“. Nun ist der Begriff der Komfortzone nicht wirklich scharf und wissenschaftlich beschrieben. Wir nehmen die Komfortzone gerne her, wenn wir jemandem Handlungs- oder Denkfaulheit bescheinigen möchten oder eine Veränderungslethargie attestieren. Viel tragischer für Mensch und Unternehmen ist jedoch, dass in der Komfortzone kaum nennenswerte Weiterentwicklung oder intelligentes Wachstum passiert. Für eine langfristig gedeihliche gesellschaftliche und unternehmerische Entwicklung ist dieser Kollateralschaden in der Komfortzone viel schwerwiegender als der kurzfristige Performanceverlust.
Allein aus diesem Grunde sind Menschen und Unternehmen gut beraten, jederzeit auch ohne äußeren Druck oder äußere Krisen, sondern aus eigenem Antrieb den Weg in ihre Wachstumszone zu suchen. Die intelligenten Formen von Wachstum, die sich dort entwickeln, werden künftig eine wichtige Voraussetzung für Ihren nachhaltigen wirtschaftlichen Erfolg und Ihre Attraktivität als Arbeitgeber sein. Das permanente Wachstum persönlicher Fähigkeiten, auf dessen Basis Sie das Leistungsangebot Ihres Unternehmens hin zu einem „besser“ statt zu einem „mehr“ entwickeln, kann Ihr zentraler Wachstumstreiber werden. Und in dem Zuge gestalten Sie Ihr Geschäftsmodell gleich in mehrfacher Hinsicht auch noch nachhaltig um.
Mohandas Karamchand Gandhi, genannt Mahatma, wird der Satz zugeschrieben: „Der Unterschied zwischen dem, was wir tun und dem, was wir tun könnten, würde ausreichen, um die meisten Probleme dieser Welt zu lösen.“
Öffnen Sie in diesem Sinne doch mit der beschriebenen Form von intelligentem Wachstum einen weiten Lösungsraum für die gedeihliche Entwicklung Ihres Unternehmens und vermeiden Sie damit jede Form pessimistischer Perspektiven auf Wachstum. Dieser Prozess ist eine Führungsaufgabe. Sie finden auch dafür viele Strukturen und Methoden, um Ihr intelligentes Wachstum zu kreieren, zu planen und Wirklichkeit werden zu lassen. Trauen Sie sich einfach weit in Ihre persönliche Wachstumszone und führen Sie Ihr Team und Ihr Unternehmen mit dorthin. Es macht Spaß, intelligent zu wachsen.
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