Unser Sprachgebrauch wird geflutet von Superlativen, so dass deren Wirkung mehr und mehr verblasst. Alle Nachrichten, die um unsere Aufmerksamkeit buhlen, erhalten in den Massenmedien gerne reißerische Überschriften, auch wenn der Gegenstand der Berichterstattung dann doch eher unspektakulär ist. Und das Gros der Nachrichten überdauert in seiner Bedeutung und unserer Aufmerksamkeit kaum den nächsten Tag. Konnten Superlative in der Vergangenheit noch eine Orientierung geben und uns und unsere Aufmerksamkeit leiten, so ist ihnen diese Wirkung heute weitgehend verloren gegangen.
Eine gleiche Funktion soll die Vergabe von Prioritäten für Themen und Projekte in Unternehmen erfüllen. Wie sieht es dazu in Ihrem Unternehmen aus? Auch in Unternehmen ist seit langem ein Trend zu beobachten, recht inflationär Top-Prioritäten zu vergeben. So viele aktive und neue Themen werden gleichzeitig mit der höchsten Priorität versehen, dass eine Lenkungswirkung schlicht nicht mehr gegeben ist. Die Vergabe immer neuer Bezeichnungen und Kategorien für die Top-Priorität löst dieses Problem leider nicht. Sobald Sie ein umfangreiches Portfolio an Projekten und Themen außerhalb Ihres Tagesgeschäftes wirksam steuern möchten, müssen Sie die Vergabe und Durchsetzung von Prioritäten klar regeln. Andernfalls werden Sie kaum die notwendige Aufmerksamkeit Ihrer Teams für und Fokussierung auf die aktuell wirklich relevanten Themen erreichen. Zudem laufen Sie Gefahr, Ressourcen zu verschwenden oder zumindest auf falsche Prioritäten einsetzen.
Üblicherweise werden Sie, zumindest in Transformationsprozessen oder bei intensiven Innovationsaktivitäten, so viele Handlungsoptionen und Ideen erzeugen, dass nicht genug Ressourcen zu deren zeitnaher Umsetzung verfügbar sind. Alleine aus der Ressourcenlimitierung ergibt sich für Sie schon die Aufgabe, echte Prioritäten zu setzen. Gleichsam sortieren sich Ihre Handlungsoptionen auch nach ihrem jeweiligen Wertbeitrag und / oder Ihrem Beitrag zur Umsetzung Ihrer Unternehmensstrategie. Unter der Voraussetzung, dass Sie die Wertbeiträge und die strategischen Beiträge für Ihre Projekte ausreichend genau ermitteln, sind damit alle Voraussetzungen für gute Priorisierungsentscheidungen getroffen. Denn der wichtigste Merksatz lautet:
„Zuerst nach Wert priorisieren, dann nach Ressourcen selektieren“
Das bedeutet konkret, dass Sie immer zuerst und aktuell Ihre Handlungsoptionen und Projekte nach ihrem Wert in einer Art Bundesligatabelle sortieren. Jede Priorität gibt es nur einmal – das Projekt, welches aktuell das für Sie wichtigste ist, steht oben und hat die Priorität Eins. Alle weiteren Prioritäten nummerieren sich durch. Das bedeutet nichts anderes als dass Sie in dieser Reihenfolge Ihre nächsten Projekte starten und umsetzen, sobald Sie diese mit Ressourcen ausstatten können. Nicht immer werden Sie hart nach dieser Reihenfolge vorgehen können. Da diese Prioritätentabelle dem Wesen nach sehr unterschiedliche Projekte enthält, die unterschiedliche Kompetenzen benötigen, kann alleine dieser Umstand zu einer Aufweichung der dogmatischen Freigabepolitik führen. Trotzdem werden Sie zu jedem Zeitpunkt in dieser Prioritätentabelle eindeutig Ihr nächstes wichtigstes Projekt erkennen und damit eine gute Priorisierung vornehmen können.
Ein wesentlicher Vorteil dieser Art von wertbeitragsgetriebener Priorisierung und ressourcengesteuerter Selektion und Freigabe von Projekten liegt darin, dass sie vollständig dynamisch ist. Zu jedem Zeitpunkt können neue Themen oder Projekte in die Liste hineinkommen und einen der oberen Plätze einnehmen. Wenn Sie eine Entscheidung treffen, haben Sie immer das ganze Bild vor Augen und wissen auch, welche der Themen Sie darum jetzt (noch) nicht freigeben. Ebenso wichtig ist der Einfluss auf die Steuerung Ihrer Ressourcen. Sie erkennen leicht und jederzeit, ob Sie derzeit genug Ressourcen auf Ihre Transformationsthemen einsetzen oder ob Sie dort nachsteuern müssen. Den Takt hierzu gibt die von Ihnen gewünschte oder notwendige Geschwindigkeit bei Ihren Transformationsaktivitäten vor. Mit dieser Art der Priorisierung und Selektion schützen Sie als Führungskraft und Entscheider Ihr Team und Ihre Organisation vor einer Überlastung und vor Orientierungslosigkeit; sich selber vor Fehlannahmen zu Ihrer Performance und Umsetzungsgeschwindigkeit bei Ihren Projekten.
Ein gut funktionierendes System zur wertbeitragsgetriebenen Priorisierung von Themen abseits jeglicher Priorisierungsfolklore sollte immer Bestandteil Ihres Managementsystems und Ihrer Unternehmenssteuerung sein. Sie erzeugen damit eine wirkliche Orientierung für die aktuellen Prioritäten und geben ein hohes Maß an Sicherheit auch in Ihre Organisation und für Ihre Teams. Insbesondere aber werden Sie Ihre Ressourcen deutlich gezielter und wirksamer auf Ihre übergeordneten Ziele einsetzen. Da Sie zudem die Abhängigkeit zwischen eingesetzten Ressourcen und der Geschwindigkeit und Breite Ihrer priorisierten Projekte gut erkennen, bekommen Sie über die dann mögliche Dynamisierung Ihrer Ressourcensteuerung einen weiteren mächtigen Stellhebel für mehr Wirksamkeit in die Hand.
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